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Offener Brief an BM Polaschek und die parlamentarischen Klubobleute zur Attraktivität des Lehrer:inneberufes

Offener Brief: Sorge um die Attraktivität des Lehrberufs / konkrete Forderungen

Mit brennender Sorge beobachten wir als PraktikerInnen aus allen Schularten die schwindende
Attraktivität des Lehrberufs und den daraus resultierenden Lehrer:innenmangel. Dieser hat nicht
nur für die Gegenwart schwerwiegende Folgen, sondern ganz besonders auch für die Zukunft, für
die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft, für die Sicherung des gesellschaftlichen
Zusammenhalts und damit für den künftigen Wohlstand in unserem Land.


Jetzt Akut-Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation zu entschärfen, ist zwar notwendig und
verständlich: Noch notwendiger ist es aus unserer Sicht – und dies belegt auch eine von uns
durchgeführte Umfrage - , für den Lehrberuf langfristig und nachhaltig Rahmenbedingungen zu
schaffen, die die künftige Attraktivität sichern und sicherstellen, dass sich auch die nächsten
Generationen optimal entfalten können und zu einem harmonischen, gesellschaftlichen Ganzen
zusammenfinden.


Aus diesem Grunde fordert die Bildungsplattform „Leistung und Vielfalt“ zur Erhöhung der
Attraktivität des Lehrerberufs folgende Maßnahmen:


• Verkürzung der Dauer und Straffung der Inhalte der Lehrerausbildung und Anpassung an
die Schulart, in der der/die Auszubildende künftig unterrichten soll. Die Lehrenden müssen
sich darauf verlassen können, nur die Gegenstände und nur in den Schularten zu
unterrichten, für die sie ausgebildet worden sind.


• Verbesserung des Einstiegs ins Berufsleben durch eine „Induktion NEU“: Die Lehrenden
müssen fachlich und pädagogisch in jedem Gegenstand, für den sie ausgebildet sind, durch
eine Lehrkraft angeleitet und betreut werden, eine Klasse führen, Unterricht anderer
Lehrkräfte hospitieren und einen entsprechenden Lehrgang an der Pädagogischen
Hochschule besuchen. Das bewährte Unterrichtspraktikum kann dafür Vorbild sein.

• Angemessene Entlohnung der Lehrenden: Das Lehrergehalt darf nicht als bloße
Ausgabenposition im Staatsbudget angesehen, sondern muss als notwendige und wichtige
Zukunftsinvestition betrachtet werden.


• Befreiung der Lehrer:innen von bürokratischen Aufgaben, indem administratives
Personal zur Verfügung gestellt wird, damit die Lehrenden genügend Zeit haben, um auf die
individuellen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen.


• Schulpsycholog:in für jede Schule: Die psychische Belastung sowohl der Lehrer:innen als
auch der Schüler:innen ist gerade in den letzten Jahren sehr stark angestiegen. Jeder Schule
muss schulpsychologische Unterstützung in ausreichendem Ausmaß zuteilwerden.
Österreich hinkt in diesem Bereich weit hinter anderen Ländern her. Ressourcen sind
dringend und zeitnah zur Verfügung zu stellen.


• Fokus auf die Übergänge im Bildungssystem – Maßnahmen, um Gelingen zu
ermöglichen und Scheitern zu verhindern: Um Kinder und Jugendliche in den ihnen am
besten entsprechenden Schulen aufnehmen zu können, um sie möglichst gut motivieren
und um die Vielfalt unseres differenzierten Schulsystems optimal nützen zu können, braucht
es umfassende Beratung der jungen Menschen und ihrer Eltern.


• Beruf Schulleiter:in attraktivieren und die Besten für diese Aufgabe gewinnen:
Direktor:innen prägen das Schulklima und haben damit Einfluss auf das erfolgreiche Wirken
ihrer Schule. Zur Attraktivierung der Aufgabe der Schulleitungen trägt Folgendes bei:
o Entlastung durch die Einführung eines „mittleren Managements“
o deutlich höhere Bezahlung, sodass es wieder möglich ist, aus einer größeren Anzahl
von Bewerber:innen auszuwählen.


• Schulartenbezug wiederherstellen: Um die Schulen seitens der Schulbehörde bei der
schulartenbezogenen Schulentwicklung unterstützen zu können und um die strategische
Personalführung auf Ebene der Schulleitungen professionell durchführen zu können,
müssen Schulqualitätsmanager:innen Erfahrung und Expertise für die von ihnen betreuten
Schularten besitzen.


Gemäß einer aktuellen Umfrage der Bildungsplattform „Leistung und Vielfalt“ unter
Maturant:innen, die ein Lehramtsstudium beginnen wollen, sind es meist idealistische Motive,
warum sie Lehrer:in werden wollen. Aufgabe der Politik muss es sein, für diesen Idealismus den
entsprechenden qualitätsvollen und professionellen Rahmen zu schaffen. Auch wenn dies, von der
jetzigen Situation ausgehend, einen nationalen Kraftakt erfordert: Er ist notwendig.


Mit freundlichen Grüßen
HR Mag. F. Gunter Bittner