Schulaufsicht ohne Expertise?
Am Beispiel des Bundeslandes Salzburg soll die Problematik fehlender Expertise der Schulaufsicht aufgezeigt werden: Seit 1. September sind hier für 70 % der Gymnasien, für 67 % der Volksschulen und für 57 % der Mittelschulen Schulqualitätsmanager/innen (früher: Schulinspektor/inn/en) zuständig, die an den entsprechenden Schularten nie unterrichtet haben, ja nicht einmal dazu berechtigt sind. An den berufsbildenden höheren Schulen ist das ganz ähnlich: für 57 % der HTLs, 66 % der HAKs und 94 % der humanberuflichen Schulen sind Schulaufsichtsbeamte zuständig, die an einer solchen Schulart noch nie unterrichtet haben.
Eine mehrjährige Erfahrung an einer Schule der jeweiligen Schulart, in der man ihr „Innenleben“ und ihre spezifischen Gepflogenheiten umfassend kennen lernt, ist aber die Voraussetzung für die vom Bildungsministerium geforderte Expertise. Ohne sie ist es schwierig, am Qualitätsmanagement und an der schulartenbezogenen Schulentwicklung mitzuwirken und bei der Beratung der Schulen pädagogische Expertise bereit zu stellen. Man beauftragt ja auch nicht Augenärzte mit dem Qualitätsmanagement von Chirurgen oder Bäcker mit dem von Schlossern. Die Schulqualitätsmanager/innen sind sehr bemüht, sich in die einschlägigen rechtlichen Dokumente einzulesen und so die fehlende Erfahrung zu kompensieren. Ganz ersetzt werden kann dadurch diese Erfahrung aber nicht. Natürlich können sie auch bei Kolleg/inn/en mit der entsprechenden Erfahrung Informationen einholen. Dann wäre es aber doch besser, dass gleich die in der jeweiligen Schulart erfahrenen Kolleg/inn/en auch für diese zuständig sind. Ein Schulqualitätsmanager hat im Mittel nur für ein Viertel der Schulen, für die er zuständig ist, die einschlägige Erfahrung und Expertise.
Zu den Direktor/inn/enkonferenzen werden neuerdings auch Direktor/inn/en aller Schularten einer Region eingeladen. Die Überschneidungen der dort behandelten Themen für die einzelnen Schularten sind sehr klein: die Organisation der Verteilung von Laptops und Tablets in der 5. und 6. Schulstufe betrifft weder die Volksschulen noch die berufsbildenden Schulen, neue Bestimmungen für die Reifeprüfung betreffen alle Pflichtschulen nicht und die Modalitäten der Schulreifefeststellung betreffen alle Schularten der Sekundarstufe nicht.
Obwohl die relevante Verordnung nur fordert, dass ein/e Schulqualitätsmanager/in für mindestens zwei Schularten zuständig ist, ist in Salzburg im Mittel jede/r Schulqualitätsmanager/in für zumindest sechs (!) Schularten zuständig. Den vielfältigen Anforderungen (unterschiedliche Gesetze, Erlässe und Verordnungen, zahlreiche schulartenspezifische Konferenzen und Tagungen) kann ein/e Schulqualitätsmanager/in meiner Meinung nach nicht nachkommen, zumal die Erfahrung in der Regel in nur einer Schulart vorhanden ist. Ein effizientes Arbeiten wird dadurch überaus aufwändig und erschwert. Außerdem fehlt dann jeder Schulart ein spezifischer Ansprechpartner, ein Experte / eine Expertin als kompetente Informationsperson und ein/e Fürsprecher/in und Mentor/in der jeweiligen Schulart. Die Gleichschaltung aller Schularten beruht auf einer undifferenzierten Unterstellung.
Ich höre immer wieder, dass die Festlegung der Zuständigkeiten der Schulqualitätsmanager/innen nach geographischen Gesichtspunkten getroffen wird, damit ein/e Schulqualitätsmanager/in die Schüler/innen seines „Sprengels“ beim Übertritt in eine Schule der Sekundarstufe 1 und dann in eine Schule der Sekundarstufe 2 begleiten kann. Es ist naiv zu glauben, dass die Schüler/innen nach Abschluss einer Volksschule in die geographisch nächstgelegene weiterführende Schule übertreten. Das mag vielleicht für periphere Lagen gelten, das gilt aber sicher nicht für den Zentralraum Salzburg. Schüler/innen wechseln beispielsweise aus Volksschulen der Bildungsregion Süd (Hallein-Rif, Puch, Oberalm) in Gymnasien der Stadt Salzburg (Bildungsregion Nord). Ganz besonders unverständlich ist die Festlegung der Zuständigkeiten in der Stadt Salzburg: für die 13 Gymnasien sind fünf verschiedene Schulqualitätsmanager/inn/en zuständig, während man für die 26 Volksschulen mit drei Schulqualitätsmanager/innen das Auslangen findet. Die Schulen der einzelnen Schulqualitätsmanager/innen sind quasi zufällig über das Stadtgebiet verstreut, ein geographisches Konzept ist nicht erkennbar. Offenbar wurden bei der Festlegung der Zuständigkeiten andere Ziele verfolgt.
Ich hoffe für die betroffenen Schulen, dass ein Umdenken stattfindet und dass sie wieder von erfahrenen Schulaufsichtsbeamten begleitet und betreut werden.